Factoring – Ein geeignetes Mittel zur Entlastung der Buchhaltung und Verbesserung der Liquidität?

24.02.2023

Folgendes Szenario: Die Auftragsbücher sind voll, es gibt keine personelle Notlage, die Aufträge werden fristgerecht erledigt und gehen an die zufriedenen Kunden raus – im Volksmund würde man sagen „Es läuft!“, doch trotzdem fehlt es dem Unternehmen an finanziellen Mitteln für die Planung und Umsetzung neuer Aufträge, Investitionen oder Beschaffung von Rohstoffen. Wie kann das sein? Ganz einfach: Der Kunde hat seine Rechnung nicht fristgerecht beglichen.
Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass regelmäßige Einnahmen die Grundlage für die Wirtschaftlichkeit jedes Unternehmens sind. Liquiditätsengpässe können die gesamte Firma gefährden. Um das zu verhindern, können Unternehmen das sogenannte „Factoring“ in Anspruch nehmen.

Was ist Factoring?

Factoring beschreibt eine Finanzierungsform, bei der Kundenforderungen, also Gelder, die Kunden noch begleichen müssen, an Factoring-Unternehmen abgetreten werden. Der Factoring-Dienstleister übernimmt die offenen Forderungen und zahlt den Betrag dieser Rechnungen abzüglich einer Provision an das auftraggebende Unternehmen aus. Das Unternehmen hat somit das Geld der offenen Forderungen bereits erhalten, obwohl der Kunde noch nicht ausgeglichen hat. Dadurch wird die Liquidität des Unternehmens gesteigert.
Doch Vorsicht: Es muss hierbei zwischen Factoring und Inkasso unterschieden werden. Factoring beschreibt die Übertragung offener Forderungen von Unternehmen an einen Factoring-Dienstleister (Forderungsankauf), währenddessen Inkassounternehmen überfällige Forderungen eintreiben (betrifft also nur das Mahnwesen).

Wie läuft Factoring ab?

Das Standard-Verfahren (= Full-Service-Factoring/Echtes Factoring) läuft im Factoring wie folgt ab:

  1. Die Grundlage eines Factoring-Vertrags ist die Forderung eines Unternehmens an den Kunden. Voraussetzung ist eine formal korrekte Rechnung (Verität) für die Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen.
  2. Vor dem Forderungsverkauf nimmt der Factoring-Dienstleister eine Bonitätsprüfung des Schuldners/Debitors vor, da er im Zuge des Full-Service-Factorings auch das volle Ausfallrisiko (das sogenannte Delkredere-Risiko) der Forderung übernimmt.
  3. Fällt die Bonitätsprüfung positiv aus, kommt ein Factoring-Vertrag zustande, in dem alle Rahmenbedingungen (Laufzeit, Forderungsanzahl, Gebühren usw.) festgehalten werden. In direktem Anschluss werden 80 bis 90 % der verkauften Forderungssumme an das Unternehmen gezahlt. Das Debitorenmanagement liegt nun beim Factoring-Dienstleister.
  4. Der Factor ist nun Eigentümer der offenen Forderung und für die Einbringung verantwortlich. Er übernimmt also auch gegebenenfalls das Mahnwesen.
  5. Im Idealfall wird die offene Forderung vom Debitor beglichen. Im Anschluss erhält das Unternehmen die restlichen 10 bis 20 % der Forderung. Der Vorgang ist damit abgeschlossen.

Welche Arten von Factoring gibt es?

Aufgrund des ansteigenden Interesses vieler Unternehmen, Factoring in Anspruch zu nehmen, wurden in der Vergangenheit verschiedene Factoring-Arten entwickelt. anyworks stellt die die wichtigsten vor – unter diesen findest du für dein Unternehmen bestimmt das passende Modell:

  • Full-Service-Factoring/Echtes Factoring: Diese Leistung gilt als Standard bei den Factoring-Dienstleistern und umfasst drei Funktionen: die Liquiditätsfunktion, das Ausfallrisiko/Delkredere-Risiko und das Debitorenmanagement. Das Unternehmen ist so vor dem Risiko des Zahlungsausfalls vollständig geschützt.
  • Unechtes Factoring: Im Gegensatz zum echten Factoring bietet diese Art die Übernahme des Debitorenmanagements und die Liquiditätsfunktion, jedoch keinen Ausfallschutz. Das Ausfallrisiko bleibt also beim Lieferanten. Das ausgeschüttete Kapital bildet somit ein Darlehen bzw. Kredit und muss an den Factoring-Dienstleister zurückgezahlt werden – auch im Falle des Forderungsausfalls.
  • Inhouse-Factoring/Eigenservice-Factoring: Hierbei werden nur die offenen Forderungen vom Factor übernommen. Das heißt, dass das Unternehmen für das Debitorenmanagement bis nach Abschluss des außergerichtlichen Mahnverfahrens verantwortlich ist. Diese Variante reduziert die Gebühren für das Unternehmen.
  • Fälligkeits-Factoring: Innerhalb dieser Variante nimmt das Unternehmen die Risikoabsicherung und das Debitorenmanagement in Anspruch und verzichtet auf die zusätzliche Liquidität.
  • Offenes & stilles Factoring: Beim offenen Factoring wird der Debitor vom Unternehmen über den Forderungsverkauf informiert (Abtretungsvermerk). Im Gegensatz dazu wird diese Forderungsabtretung innerhalb des stillen Factorings nicht offengelegt.
  • Ausschnitts-Factoring: Wollen Unternehmen nur Forderungen einer bestimmten Kundengruppe (z. B. Großabnehmer oder Kunden mit schlechter Zahlungsmoral) verkaufen, entscheiden sie sich für diese Art des Factorings.


Welche Vorteile hat Factoring?

Moderne Factoring-Dienstleister arbeiten mit professioneller Factoring-Software wie Koenig Finance Factoring oder FactorConnect und können so noch individueller auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen. Darüber hinaus ergeben sich folgende Vorteile für Unternehmen, die die Dienste eines Factors in Anspruch nehmen:

  • Liquiditätsgewinn: Der größte und wohl wichtigste Vorteil für viele Unternehmen ist die sofortige Liquidität unabhängig von den Zahlungszielen der Kunden. Das Unternehmen erhält vom Factor nach Forderungsverkauf unmittelbar bis zu 90 % der Rechnung und hat somit mehr finanziellen Spielraum für Investitionen oder Ähnliches.
  • Entlastung der Buchhaltung: Ein weiterer bedeutender Vorteil beim Factoring ist die Entlastung und in diesem Zuge Professionalisierung der Buchhaltung: Beim Full-Service-Factoring übernimmt der Factor für das Unternehmen zeitraubende Aufgaben des Debitorenmanagements und Mahnwesens bis hin zum Inkasso.
  • Eigenkapitalquote & Eigenkapitalrendite: Durch den Forderungsverkauf und den Liquiditätsgewinn steigt auch die Eigenkapitalquote und -rendite des Unternehmens. Die Folgen sind ein optimiertes Working Capital sowie eine verbesserte Kreditwürdigkeit.
  • Sicherheit & Schutz vor Zahlungsausfällen: Die meisten Factoring-Arten bieten einen Schutz vor Zahlungsausfällen an. So erhält das Unternehmen die Forderungssumme garantiert. Die häufigsten Gründe von Zahlungsunfähigkeit sind: Insolvenzen, mangelnde Zahlungswilligkeit und Wirtschaftskriminalität.
  • Verbesserte Einkaufskonditionen: Durch die Verbesserung der Liquidität können Unternehmen Lieferanten und Dienstleister zeitnah bezahlen und profitieren so von verbesserten Einkaufskonditionen und Skontovorteilen.
  • Kundenbindung: Die Kundenbindung nimmt aufgrund der wachsenden Konkurrenz an Priorität zu und sollte von Unternehmen nicht unterschätzt werden. Innerhalb des Factorings können den Kunden längere Zahlungsziele gewährt werden. Beim offenen Factoring treten Unternehmen zudem nicht im Zuge des Mahnwesens auf und profitieren von einem positiven Image beim Kunden.

Welche Nachteile hat Factoring?

Ein großer Nachteil des Factorings ist, dass dieses Finanzierungsmodell nicht für alle Branchen geeignet ist. Factoring-Dienstleister übernehmen zumeist nur Forderungen, wenn sich diese präzise definieren lassen. Ingenieure, Architekten oder Einzelhändler können daher kaum oder gar nicht die Dienste eines Factoring-Anbieters in Anspruch nehmen. Hauptsächlich profitieren die verarbeitende Industrie oder der Großhandel vom Factoring.
Darüber hinaus muss das Unternehmen teilweise mit sehr hohen Kosten rechnen, die im Zuge des Factorings aufkommen. Das Entgelt wird zumeist umsatzabhängig festgelegt (je nach geschätztem Risiko und Arbeitsaufwand zwischen 0,6 und 2,5 % der Forderungssumme), hinzu kommen in den meisten Fällen noch Kosten für die Bonitätsprüfung und Zinsen für die bereitgestellte Liquidität.

Alle Vor- und Nachteile auf einen Blick:

Vorteile
Nachteile
LiquiditätsgewinnHohe Kosten
Anstieg der Eigenkapitalquote und -renditeNicht für alle Branchen geeignet
Verbesserte Kreditwürdigkeit
Ausfallschutz
Entlastung der Buchhaltung
Verbesserte Einkaufskonditionen (Skonti)
Verbesserung der Kundenbindung

Fazit

Zusammenfassend muss jeder Unternehmer selbst entscheiden, ob er einen Factoring-Dienstleister beauftragt oder nicht. Doch um die Frage des Titels zu beantworten: Ja, mit Factoring kann nicht nur die Buchhaltung deutlich entlastet werden, sondern es können auch Liquiditätsengpässe vermieden werden.

Hast du bereits Erfahrung mit Koenig Finance Factoring oder FactorConnectTeile deine Eindrücke mit der Community und hilf Interessenten auf der Suche nach der optimalen Software.

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